Bei meinem letzten Besuch auf Fuerteventura habe ich neben einiger unserer Partnerhotels selbstverständlich auch die Insel selber erkundet. Ich kenne sie zwar von vorherigen Aufenthalten, entdecke aber immer wieder neue Dinge. Als Wassersportler bin ich sehr gerne im Norden der Insel unterwegs. Zu meinen Lieblingsorten gehören hier die Buchten und Strände von El Hierro und Majanicho. Gut, Majanicho als Strand zu bezeichnen, ist vielleicht etwas übertrieben. Es ist eher eine von vulkanischen Felsen geprägte, steinige Bucht mit ein paar sehr kleinen sandigen Plätzen. Eher nichts für Strandliebhaber, aber für Surfer ein kleines Paradies.
In diesem Paradies, das aufgrund eines fehlenden Strandes, eher nicht auf der Bucketlist der meisten Reisenden steht, sind mir in den letzten Jahren zunehmend Veränderungen aufgefallen. So hat hier das sehr engagierte Clean Ocean Project Sammelbehälter aufgestellt. In diese kann man angeschwemmten Müll aus dem Meer werfen. Davon gibt es tatsächlich immer mehr und die Behälter sind eigentlich immer voll. Wie für viele andere Wassersportler ist für mich das Aufsammeln von angeschwemmtem Müll selbstverständlich. Es ist natürlich nur ein kleiner Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit, aber sicher besser, als das Zeug liegenzulassen.
Der Plastikmüll im Meer zerfällt in immer kleinere Einheiten
Was mich in den letzten Jahren aber mehr und mehr beunruhigt, sind die vielen Teile, die sich nicht mehr aufsammeln lassen. Schaut man nämlich einmal etwas genauer zwischen die Steine in Majanicho erkennt man genau das, vor dem Forscher und Aktivisten schon lange warnen. Der Müll, vor allen Dingen das Plastik, zerfällt in immer kleinere Einheiten, die das Aufsammeln zu einer unmöglichen Aufgabe machen. Falls jemand ein gutes Beispiel für das Überschreiten eines Kipppunktes sucht, werden hier alle Fragen sehr anschaulich beantwortet.
Kleinteiliger Plastikmüll in Majanicho auf Fuerteventura
Ich bin natürlich nicht der Einzige, dem diese Entwicklung aufgefallen ist. Spricht man mit anderen Leuten, die häufig an den Stränden auf Fuerteventura unterwegs sind, stößt man auf die einhellige Meinung, dass hier gerade etwas aus dem Ruder läuft.
Auch die meisten unserer nachhaltigen Hotels auf Fuerteventura haben das Problem längst erkannt und wichtige Schritte eingeleitet, um Abfall zu vermeiden, zu recyceln und um auf Plastik so weit wie möglich zu verzichten. Es macht also Sinn, für den nächsten Urlaub eine Unterkunft zu wählen, die entsprechende Maßnahmen getroffen hat. Überall auf der Insel gibt es inzwischen Initiativen, die für das Thema Plastik sensibilisieren. Viele Bars und Restaurants verzichten daher mittlerweile auf Einwegplastik. Das ist auch sicher nur ein kleiner Beitrag, aber er sensibilisiert für das Thema und fördert das Umdenken in vielen anderen Bereichen.
Wahr ist aber leider auch, dass nur ein kleiner Teil der Verantwortung auf den Kanarischen Inseln liegt. Der Großteil des Mülls und des Plastiks stammt nämlich gar nicht von hier. Um die Teile, die ich in den letzten Jahren eingesammelt habe, ihren ursprünglichen Besitzern zurückzugeben, hätte ich ziemlich sicher ein Around The World Ticket benötigt. Es ist also ähnlich wie beim Klimawandel. Inselstaaten in Ozeanien können ihren CO₂-Ausstoß deutlich reduzieren und damit einen Beitrag leisten. Vor dem Untergang durch den steigenden Meeresspiegel werden diese Maßnahmen sie aber dennoch nicht bewahren. Dazu müssten die großen Klimasünder, zu denen auch wir gehören, endlich nachhaltiger handeln.
Beim Müll in den Ozeanen ist die Einigkeit groß und das Leugnen schwierig
Aber zurück zu unseren Ozeanen. Grundsätzlich waren die Meere natürlich nie dafür gedacht, unser großer Abfalleimer zu werden. Solange wie sich unser Müll aber überwiegend auf organisches Material beschränkte und die Menschheit sich nicht explosionsartig vermehrte, konnten sie das aber verkraften. Durch die Industrialisierung und die damit verbundene Entwicklung neuer Stoffe änderte sich dies aber. Für Schwermetalle, Chemikalien und das deutlich sichtbarere Plastik sind sie nicht der richtige Speicherplatz.
In Kombination mit einem explosionsartigen Wachstum der Weltbevölkerung hat sich daraus ein existenzielles Problem für uns alles ergeben. Denn das, was in die Meeren eingeleitet wird, landet auf verschiedenen Wegen wieder bei uns und sehr wahrscheinlich auch in uns. Die verschmutzen Strände voller Plastikteilchen sind ein sehr sichtbarer Hinweis darauf. Weniger sichtbar, aber sicher nicht weniger alarmierend ist das Mikroplastik, welches durch die Lebewesen im Ozean aufgenommen wird. Über unsere Nahrung landet es nämlich auf unseren Tellern und in unseren Mägen. Was es in uns anrichtet, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Dass es unserer Gesundheit zuträglich ist, werden aber nur sehr wenige für wahrscheinlich halten.
Überhaupt ist es interessant, welche Einigkeit bei dem Thema Plastik in den Ozeanen herrscht. Die Sichtbarkeit des Problems ist einfach zu groß, als dass man es leugnen könnte. Die Effekte auf unsere Umwelt und auf uns sind zwar noch nicht bis ins letzte Detail bewiesen, dennoch findet sich in keinem mir bekannten Parteiprogramm der Aufruf, bitte mehr Einwegplastik zu nutzen und nach Möglichkeit alles in den Ozean zu werfen, weil alles andere unseren Wohlstand bedrohen würde.
Geht doch, könnte man also sagen – fast alle sind sich einig und somit packen wir das Problem an und lösen es. Ganz so einfach ist es wohl aber leider nicht, denn unsere liebgewonnen Gewohnheiten zu ändern fällt uns dann doch schwerer als gedacht. Dies zumindest, wenn nicht die richtigen Anreize gesetzt werden. Unsere Partnerhotels auf Fuerteventura, das Clean Ocean Project und viele weitere Initiativen auf der Insel gehen da schon in eine sehr gute Richtung.
Container des Clean Ocean Projects für Müll aus dem Meer
Anders sieht es aber beispielsweise bei der größten Supermarktkette der Kanaren aus. Hier wurden den Kunden seit dem letzten Jahr sowohl Plastiktüten als auch Papiertüten an der Kasse angeboten. Dass die Papiertüten doppelt so teuer waren, ließ den Absatz wohl gegen null gehen. Bei meinem Besuch in diesem Jahr gab es jedenfalls nur noch die Plastikversion. Diese soll immerhin zu 100 % aus Recyclingmaterial stammen, was den Ozeanen, in denen es landen wird, am Ende aber auch wohl egal sein wird.
Und was hat das mit dem Klimawandel zu tun?
Ich möchte jetzt aber nicht den Fehler machen und zu lange mit dem Finger auf andere zeigen. Denn wir alle können uns sicherlich, was unseren Umgang mit Plastik und anderen Dingen, die wir täglich verschwenden angeht, an die eigene Nase fassen. Auch möchte ich nicht den Fehler machen, die Probleme unserer Ozeane vom übergeordneten Problem des Klimawandels zu trennen. Die Ozeane sind zwar ein wichtiger, aber eben auch nur ein Teil des großen Kreislaufsystems unseres Planeten. Überfordern wir diesen Teil des Systems, hat dies natürlich auf den gesamten Kreislauf Auswirkungen. Unsere Ozeane haben in ihrer Gesamtheit großen Einfluss aus unser Klima, genauso wie das Klima die Ozeane beeinflusst.
Auch diese wechselseitige Beziehung wird in keinem mir bekannten Parteiprogramm infrage gestellt. Und dennoch wird der Einfluss der Menschheit auf den Klimawandel geleugnet. Wenn wir in diesem Zusammenhang das Plastikproblem betrachten, könnte es vielleicht einfach daran liegen, dass wir die Zunahme des CO₂ in unserer Atmosphäre nicht sehen können. Wäre es so offensichtlich wie beim Müll in den Meeren, würde es „Klimaleugnern“ deutlich schwerer fallen, ihre Thesen zu verbreiten.
Allen Zweiflern sei daher der Blick auf die Bilder aus Fuerteventura empfohlen. Dort sehen wir das Ergebnis einer jahrzehntelangen Überforderung eines Ökosystems. Irgendwann wird der Punkt erreicht, an dem etwas unwiderruflich kippt und wir die Folgen hautnah zu spüren bekommen. Warum es sich mit dem CO₂ und anderen Stoffen, die wir seit Jahrzehnten in unserer Atmosphäre abladen, anders verhalten soll, ist daher eine berechtigte Frage. Genauso wie wir hinterfragen sollten, ob es wirklich für unseren Wohlstand wichtig ist, alles so weiterzumachen wie bisher. Auch hier kann das kleine Beispiel von Fuerteventura vielleicht als Augenöffner dienen.
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