Das schwierige Jahr 2020 ist Geschichte, die Corona-Pandemie aber leider noch nicht. Deutschland, Europa und weite Teile der Welt befinden sich vielmehr in der dritten oder vierten Welle. Viele Maßnahmen wurden ergriffen und andere werden sicher noch folgen.
Neben dem Verzicht auf Kontakte ist eine der spürbarsten Einschränkungen sicher die massiv eingeschränkte Mobilität. Reisen ist daher aktuell nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Hierfür gibt es natürlich nachvollziehbare Gründe, die wir hier auch nicht infrage stellen möchten. Vielmehr möchten wir darüber nachdenken, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Reisen und die Reisewirtschaft hat. Abgesehen davon möchten wir einen Ausblick wagen, wie sich unser Reiseverhalten „post-coronal“ verändern könnte. Wir denken also nach vorne und nicht quer.
Klar ist, die Pandemie hat die Reisewirtschaft so hart wie wenige andere Branchen getroffen. Bestehende Buchungen, die häufig für 2020 oder 2021 getätigt wurden, mussten fast ausnahmslos storniert und erstattet werden. Also doppelte Arbeit für null Verdienst bei Reisebüros, Veranstaltern, Hotels, Transportanbietern etc. Gleichzeitig gab es keine Neubuchungen. Eine mehr als bescheidene Kombination, die aber zumindest in Teilen durch Hilfsprogramme und Rettungsschirme verbessert wurde.
Aber nicht nur bei uns hatte und hat die Corona-Krise massive Auswirkungen. Vielmehr sollten wir einen Blick in Länder werfen, die häufig keine oder kaum soziale Auffangprogramme bieten können. Wirtschaftlich sind viele von ihnen aber stark vom Tourismus abhängig. Hier hat das Ausbleiben von Reisenden vielen Menschen die Lebensgrundlage entzogen.
Mitunter hat dies dramatische Konsequenzen für die Natur und die Allgemeinheit. So hat der Druck auf Naturschutzgebiete und Nationalparks vielerorts deutlich zugenommen. Gleichzeitig konnten Wildhüter häufig nicht mehr bezahlt werden, wodurch Wilderei und Umweltzerstörung stark zugenommen haben. Darüber hinaus hat die wieder zunehmende Armut dazu geführt, dass gesellschaftliche Fortschritte in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern in kürzester Zeit zunichtegemacht wurden.
In der Pandemie gibt es für die Reisebranche vielleicht auch Gutes im Schlechten
Es sind jedoch auch andere Entwicklungen zu beobachten. In Regionen, die bisher stark vom Massentourismus vereinnahmt wurden, haben sich Natur und Menschen erholen können. So ist die Unterwasserwelt entlang der Riffe des Roten Meeres laut Berichten aus der Region förmlich aufgeblüht, während in Venedig Einheimische ihre schöne Stadt nicht mehr mit Heerscharen von Kreuzfahrern teilen müssen.
In vielen Touristenhochburgen ist nicht nur zu beobachten, dass sich die Wasserqualität verbessert und die Natur erholt hat. Vielmehr sind gesellschaftliche Grundwerte wie Respekt, Verantwortung und Solidarität wieder in den Vordergrund gerückt. Das weniger tatsächlich mehr bedeuten könnte, ist in einigen Reisezielen dadurch sehr deutlich geworden.
Heute liegen unsere großen Hoffnungen also auf den Corona-Impfstoffen, die die Rückkehr in ein Leben ohne Einschränkungen ermöglichen sollen. Aber wie sieht dieses „New Normal“ eigentlich aus? Machen wir alles wieder so wie früher? Bucht man wieder Flüge für 19 € in Städte, die man eigentlich gar nicht bereisen wollte, nur weil es ein „Mega-Deal“ ist? Eröffnen neue All-Inclusive Resorts in unberührter Natur, nur weil es möglich ist? Oder kann das Reisen zukünftig besser, nachhaltiger und eben fairer werden?
Generell sind wir auf unser Verständnis vom Reisen und Unterwegssein im Allgemeinen schon einmal eingegangen. Dabei spielen auch die Anzahl und die Art unserer Reisen eine wichtige Rolle. Die Devise sollte unserer Meinung nach mehr denn je „Qualität statt Quantität“ lauten.
Der Tourismus ist ein wichtiger Teil der Wertschöpfung und ein Stabilitätsfaktor in vielen Ländern der Erde. Gleichzeitig ist aber auch individueller Verzicht zur Schonung von Ressourcen unvermeidbar. Unsere Reisen nach der Pandemie sollten also noch besser geplant und durchdacht werden, um diesen Widerspruch so gering wie möglich zu halten. Dies gilt sowohl für die Reisenden als auch für die Anbieter von Reisen.
Durch die Corona-Pandemie ist die Klimakrise nicht verschwunden
Denn wenn wir mal über den Corona-Tellerrand hinausdenken, befinden wir uns nach der Pandemie weiterhin mitten in der Klimakrise. Diese werden wir nicht mit Impfungen, Medikamenten oder einer Herdenimmunität lösen. Vielmehr bedarf es gemeinsamen Anstrengungen und an vielen Stellen auch Änderungen unseres Verhaltens.
Dies muss nicht bedeuten, dass wir an Lebensqualität einbüßen. Zumindest nicht, wenn wir den Restart als Chance sehen, Dinge, die wir „schon immer so gemacht haben“, zu hinterfragen. Vielleicht ist nämlich das, was wir „schon immer mal anders machen wollten“ viel schöner. Als Teil der Reisebranche werden wir uns dies zur Aufgabe machen und wir freuen uns über jeden, der einen ähnlichen Weg einschlägt. Denn, wie hat Alexander von Humboldt so treffend festgestellt: „Ideen können nur nützen, wenn sie in vielen Köpfen lebendig werden.“
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